• Von der Redaktion RLT Family Office
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USA

Wie geht es nach der US-Wahl weiter?

Als wäre das Jahr 2024 nicht schon ereignisreich genug und mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet, da sorgen zum Jahresende noch große politische Ereignisse für Überraschung. Anders als erwartet und auch für den aufmerksamen Nachrichtenbeobachter nahezu unvorhergesehen, sehen sich Anleger mit einem sehr deutlichen Wahlsieg von Donald Trump konfrontiert. Der als Hardliner bekannte künftige US-Präsident wird ab Januar die Geschicke der USA leiten. Nicht minder überraschend kam es fast zeitgleich zum Zerfall der Ampel-Koalition in Berlin, dem wahrscheinlich noch in diesem Jahr die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers Olaf Scholz folgen wird. Die politischen Ereignisse überschlagen sich aktuell und bieten Grund genug, um sich bei den Anlageprofis nach den damit verbundenen Implikationen für die Finanzmärkte zu erkundigen. Uns erscheint es dabei besonders wichtig, darzulegen, mit welchen Auswirkungen für Ihr Vermögen zu rechnen ist. Wir sind hierzu auf „anlagepolitischen“ Stimmenfang gegangen und möchten im Folgenden gerne die uns in diesem Zusammenhang wichtig erscheinenden Aspekte zusammenfassen.

Welche wirtschaftlichen Folgen hat der Wahlsieg der Republikaner?  

Für die Mehrzahl der Vermögensverwalter ist der Wahlsieg Trumps verbunden mit einer Stärkung der US-Binnenwirtschaft, auch durch entsprechende fiskalpolitische Anreize, die getreu dem Motto „Make America Great Again“ zu erwarten sind. Der Chief Investment Officer bei ODDO BHF beschreibt Trumps wirtschaftspolitische Haltung als eine, die für Deregulierung und Steuersenkungen steht und verbindet damit wichtige Konjunkturimpulse. Hingegen wird gerade Europa nach einhelliger Meinung wirtschaftlich und geopolitisch zu den Verlierern gehören. Nach Ansicht des Chefvolkswirts des Bankhaus Metzler dürfte die protektionistische Wirtschaftspolitik unter Trump die europäische Ökonomie und insbesondere die Exportnation Deutschland hart treffen. Hingegen könnte seines Erachtens die Perspektive auf Strafzölle seitens der USA gegen China sogar positiv auf die Weltwirtschaft wirken, wenn die erwarteten Handelsmaßnahmen der USA zu einem größeren Stimulus durch die chinesische Regierung führen. Der Chief Investment Officer der Frankfurter Bankgesellschaft weist zurecht auf die Reichweite von möglichen Vergeltungsmaßnahmen wichtiger Handelspartner der USA hin. Mit entsprechenden Auswirkungen müsste dann auch in Europa gerechnet werden. Eine Minderheitsmeinung vertritt der Chefvolkswirt der Commerzbank. Er geht davon aus, dass Trump die im Wahlkampf bezogenen Positionen nicht eins zu eins umsetzen kann, denn trotz der zu erwartenden Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses, erscheint es nicht klar, ob seine rechtlichen Vollmachten für ein allgemeine Erhöhung der Zölle ausreichen. Er vermutet hinter den Zollplänen von Trump vielmehr das Kalkül, mit hohen Zöllen zu drohen, um die Verhandlungsposition der USA zu stärken und die betroffenen Länder zu Zugeständnissen zu veranlassen. In Bezug auf den Russland-Ukraine-Krieg sieht der Chefvolkswirt vom Bankhaus Metzler Europa bei dem von Trump signalisierten Wegfall der Militärhilfen für die Ukraine strategisch geschwächt und nicht ausreichend vorberietet, die Ukraine militärisch zu stützen. Er befürchtet eine stärkere Isolation Europas und damit die Notwendigkeit im kriegerischen Erfolgsfall Russlands die Militärausgaben drastisch zu erhöhen. Die finanziellen Belastungen für die öffentlichen Haushalte der europäischen Länder wären immens.

 

Wie beurteilen die Märkte den Wahlsieg von Trump?

In einer ersten Reaktion auf den Wahlausgang legten insbesondere die US-Aktienmärkte deutlich zu, während z.B. die europäischen Börsen ihre anfänglichen Gewinne wieder abgaben. Die Anlagestrategen der NATIONAL-BANK gehen für die nächsten Monate und sogar Jahre davon aus, dass sich dieses grundsätzliche Muster fortsetzen wird. Schließlich sei zu erwarten, dass primär die stark vom Export bestimmten Volkswirtschaften in Europa mit den mehrheitlich erwarteten deutlichen Restriktionen im Außenhandel mit den USA konfrontiert werden, getreu dem Trumpschen Wahlmotto „America First“. Aber nicht nur die europäische Wirtschaft dürfte nach Ansicht der Märkte ins handelspolitische Kreuzfeuer mit den USA geraten. Auch für das von einem deutlichen Exportüberschuss gekennzeichnete Land China gehen Anleger derzeit davon aus, stark von einer verschärften US-Zollpolitik getroffen zu werden. Der chinesische Aktienmarkt wirkte auch Tage nach dem Wahlsieg Trumps gelähmt und setzte bis Ende der vergangenen Woche in Befürchtung eines eskalierenden Handelskrieges mit den USA seine Talfahrt fort. Die hingegen sehr positive Reaktion der US-Aktienmärkte deuten die Anlageexperten der UBS so, dass Anleger mehr Deregulierung, ein stärkeres Wachstum, eine höhere Inflation sowie ein geringeres Zinssenkungstempo erwarten. Dementsprechend stiegen US-Finanzwerte am vergangenen Mittwoch besonders stark. Auch Aktien der Branchen Energie, Industrie und Nicht-Basiskonsumgüter erzielten hohe Gewinne. Die NATIONAL-BANK sieht nach dem Wahlausgang mittelfristig auch ein positives Umfeld für binnenmarktorientierte US-Werte aus der zweiten Reihe wie Hightech, Informationstechnologie, künstliche Intelligenz und Verteidigung. Deshalb hält die Bank ein ausreichendes US-Exposure weiterhin als Maß aller Dinge. Kurzfristig über die nächsten Wochen sei nach Ansicht des Chefstrategen bei Merck Finck mit politisch induzierter Volatilität an den Märkten zu rechnen. Er weist aber gleichzeitig darauf hin, dass historisch gesehen die Bedeutung wirtschaftlicher Fundamentaldaten größer ist als die kurzatmigen politischen Debatten. Dies dürfte auch für Deutschland nach dem Bruch der Ampel-Koalition gelten. Immerhin reagierte der DAX auf den politischen Schock mit einem Kursfeuerwerk. Dies unterstreicht letztlich die Hoffnung und Erwartung der Anleger an eine neue Bundesregierung, mit Einigkeit und durchdachten wirtschaftspolitischen Maßnahmen günstige Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Prosperität zu schaffen.

 

Fazit

Die mittel- und langfristigen Auswirkungen des Trump Regimes auf die globalen (Aktien-)Märkte werden sich sicherlich erst nach ausreichender Gewissheit über die konkreten politischen Entscheidungen/Beschlüsse verlässlich beurteilen lassen, worauf auch die Vermögensverwalter hinweisen. Nichtsdestotrotz könnten die ersten Marktreaktionen aber schon als ein Indikator für die künftige Marschrichtung an den Aktienmärkten gedeutet werden. Auch wenn zudem der Ausblick der Vermögensverwalter für die US-Märkte, nicht nur durch den Wahlausgang bedingt, positiv ist, dürfen dennoch die bestehenden geopolitischen und auch künftige Unsicherheitsfaktoren bei der Vermögensallokation nicht außer Acht gelassen werden. Dies bedeutet letztlich für eine gute strategische Vermögensausrichtung eine nicht zu einseitige Positionierung sowie eine ausreichende Risikostreuung über verschiedene Anlageklassen. Selbstverständlich haben wir dies für Sie im Rahmen unseres Controlling-Auftrages weiterhin sehr genau im Blick.

 

Quelle

RLT Family Office

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