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Die Hersteller leiden unter dem schwachen Elektro-Absatz und schwacher Konjunktur. Sparen steht auf der Tagesordnung.
Deutschlands Autoindustrie gerät zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Das erste Halbjahr haben die Autohersteller mit schwachen Zahlen abgeschlossen. Im Inland ist der Absatz von Neuwagen im Juli im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen und die monatliche Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts zeigt, dass die Unternehmen für die kommenden Monate keine Besserung erwarten. „Die Autoindustrie schlittert damit weiter in die Krise“, sagte Anita Wölfl vom Ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien.
Das wesentliche Problem der Industrie: die schwache Nachfrage reicht nicht aus, um die Werke auszulasten. Besonders gravierend ist die Lücke bei den Elektroautos, die sich im Inland sehr schlecht verkaufen. Constantin Gall, Managing Partner bei der Beratungsfirma EY sieht „erhebliche Überkapazitäten in der Elektroautoproduktion“. Die Branche sei von einer deutlich besseren Absatzentwicklung ausgegangen und habe in entsprechende Produktionskapazitäten und auch in reine Elektro-Werke investiert. Damit meint er unter anderem das VW-Werk Zwickau und die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin. „Nun heißt es umsteuern und die Investitionsplanung überdenken“, meint Gall.
Das passiert bereits. Am Wochenende hatte Tesla-Werksleiter André Thierig gegenüber der dpa angedeutet, dass die umstrittene Erweiterung der Fabrik erst einmal auf Eis liegt. Kurzfristig stehen die Zeichen eher auf Abbau. Man habe 400 Arbeitsplätze „schnell und geräuschlos mit einem attraktiven Abfindungsprogramm abgebaut“, sagte Thierig. Für die Hauptstadt-Region ist das keine gute Nachricht; mit rund 12.000 Mitarbeitern ist Tesla dort einer der größten Arbeitgeber. Doch das Wachstum stockt. „Wir werden nicht mehrere Milliarden für den Ausbau der Fabrik in die Hand nehmen, ohne dass die Signale ganz klar sind, dass das vom Markt auch abgefragt wird“, sagte der Manager.
Im deutschen Markt sind diese Signale nicht gegeben. Seit Jahresbeginn konnte Tesla hierzulande nur 23.719 Fahrzeuge absetzen, ein Minus von 41 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Das zeigen die neuesten Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), die bis Ende Juli reichen. Insgesamt gingen die Neuzulassungen für E-Autos seit Januar um 20 Prozent zurück. Zwar wächst der Markt in Europa insgesamt noch leicht, das Tesla-Werk ist mit seiner Kapazität von 250.000 Wagen pro Jahr aber nicht ausgelastet.
Auch Volkswagen musste in seinen reinen E-Auto-Fabriken Zwickau und Emden Schichten streichen und Leiharbeiter entlassen. Die Audi-Fabrik in Brüssel, wo der Q8 etron produziert wird, könnte sogar ganz geschlossen werden. Es ist aber nicht allein die Elektro-Schwäche, die Deutschlands Industrie belastet. EY-Partner Gall nennt die insgesamt schwache wirtschaftliche Entwicklung als einen Grund. Privatleute und Unternehmen gingen mit ihrem Geld sehr vorsichtig um und investierten zurückhaltend, außerdem schreckten „die nach wie vor hohen Neuwagenpreise“ ab.
Das Ergebnis dieser konjunkturellen Schwäche: Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) wurden in Deutschland seit Jahresbeginn 2,4 Millionen Pkw hergestellt, ein Minus von vier Prozent gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Insgesamt liegt die Autoproduktion damit um 15 Prozent unter dem Niveau von 2019. Vom Einbruch durch die Corona-Krise und den folgenden Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich die Industrie also bis heute nicht erholt.
Überdeckt wurde diese Krise eine Zeitlang durch die unterbrochenen Lieferketten, die zu einem drastisch verminderten Auto-Angebot führten. Für diese künstlich verringerten Stückzahlen konnten die Hersteller außergewöhnlich hohe Preise verlangen.
Doch diese Phase ist vorbei. Nun gibt es wieder Rabatte und Preissenkungen auf Autos, die Gewinne der Unternehmen schrumpfen. Der Volkswagen-Konzern senkte seine Prognose für das laufende Jahr, BMW erwartet leicht rückläufige Gewinne und auch Mercedes-Benz dämpfte die Erwartungen seiner Aktionäre. Vor allem bei VW läuft ein großes Sparprogramm, Tausende Stellen sollen gestrichen werden, um die Investitionen für die kommenden Jahre wird intern gerade verhandelt.
Härter als die Autohersteller trifft die Konjunkturdelle ihre Zulieferer. Dort sind Fabriken, die mit hohen Investitionen auf Elektro-Komponenten umgestellt wurden, nicht ausgelastet. Und die Verbrenner-Werke der Lieferanten sind wie bei den Autoherstellern noch auf die Produktionsmengen von vor 2020 ausgelegt. Doch diese Rekordwerte werden wohl auf absehbare Zeit nicht mehr erreicht. Deswegen haben auch Konzerne wie Bosch, Continental und ZF große Sparprogramme gestartet. Allein bei ZF könnten 11.000 bis 14.000 Stellen wegfallen.
Nicht zuletzt solche Nachrichten drücken auf die Stimmung. Mit einem Indexwert von minus 6,8 Punkten fällt die Bewertung der Lage in der Autoindustrie laut Ifo-Index derzeit so schlecht auf wie lange nicht mehr. Im Juni war der Wert noch positiv und vor einem Jahr hatte er über plus 20 gelegen. Der Index der Produktionspläne ist seit März drastisch gefallen und nun weit im negativen Bereich. Auch bei den Exporterwartungen sind die Unternehmen sehr pessimistisch.
In diesem Wert spiegelt sich auch die schwierige Lage der Autohersteller in China. Der Absatz von Mercedes-Benz ist dort seit Jahresbeginn deutlich gesunken, der von Porsche hat sich gegenüber früheren Jahren sogar halbiert. Beide Hersteller exportieren Fahrzeuge wie die S-Klasse aus Deutschland nach China. Da Luxusmarken dort momentan unter Druck stehen, leiden sie mit. Günstigere Fahrzeuge produzieren deutsche Konzerne ohnehin direkt in China – diese haben keine Bedeutung für die Exportstatistik.
Im Elektro-Segment, das in der Volksrepublik noch immer stark wächst, haben europäische Automarken deutlich niedrigere Marktanteile als die chinesische Konkurrenz. Umkehrt drängen Automarken aus China zunehmend auf die Märkte in Europa. In Deutschland sind die Neuzulassungen von MG trotz Elektro-Flaute seit Jahresbeginn um ein Drittel gestiegen.
Auf rund 15.500 verkaufte E-Autos kommt die einst britische Marke, die dem chinesischen Staatskonzern SAIC gehört. Das reicht für Platz 24 in der Rangliste, direkt hinter der BMW-Tochter Mini.
DIE WELT
7 Minuten
Die Nachfrage nach vollelektrischen emissionsfreien Fahrzeugen schwächelt in Deutschland. Warum ist das so und wie sind die Perspektiven?
Der Wegfall der Kaufprämie bei schwacher Konjunktur in der Branche war für die Absatzzahlen sicherlich nicht förderlich, allerdings war das Streichen der Subvention unvermeidbar. In den ersten Wochen nach Wegfall der Kaufprämie boten noch viele Verkäufer eine Übernahme der staatlichen Förderung an. Mittlerweile gibt es bei vielen Herstellern (wie Tesla, Toyota oder Renault) starke Rabatte auf bestimmte Modelle. Dazu kommt, dass der Preisaufschlag vom Elektrofahrzeug zum Verbrenner immer weiter sinkt: von fast 50 % Mitte 2022 zu nur noch 26 % Mitte 2023. Die Zeichen für Käufer stehen also eigentlich nicht schlecht.
Dann gibt es noch den schlechten Ruf des deutschen Ladenetzes – den es eigentlich zu Unrecht innehat. Denn: Laut statista trägt Deutschland die Silbermedaille, wenn es um die Menge der öffentlichen Ladepunkte geht. 144.000 davon gibt es beim Sieger, den Niederlanden. 120.000 in Deutschland. 119.000 in Frankreich (Bronze). Und dabei handelt es sich nicht um einen statischen Wert. Im Juli 2023 gab es noch nur etwa 100.000 Ladepunkte. Bis 2030 sollen 6,3 Milliarden Euro in zusätzlich Lademöglichkeiten investiert werden, sodass das deutsche Netz bald aus 1 Million öffentlichen Ladesäulen bestehen könnte. Übrigens: drei Wallboxen gibt es bereits auch direkt an unserem Standort in Essen, um die Elektroautos und Hybriden unserer Firmenwagenflotte laden zu können.
Zudem hat die Bundesregierung beschlossen, die Elektromobilität durch steuerliche Verbesserungen zu fördern. Unternehmen sollen von Sonderabschreibungen für vollelektrische Fahrzeuge profitieren und zudem werden die steuerlichen Vorteile für elektrische Dienstwagen erweitert. Dadurch soll die Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen gesteigert und gleichzeitig Wachstumsimpulse für die Automobilindustrie und deren Beschäftigte geschaffen werden.
Beschlossen ist, im Rahmen des Steuerfortentwicklungsgesetzes folgende steuerlichen Regelungen in das parlamentarische Verfahren einzubringen:
1. Für neu zugelassene emissionsfreie Elektrofahrzeuge sollen die Anschaffungskosten beginnend mit einem Satz von 40 % über sechs steuerwirksam abgeschrieben werden können. Die soll rückwirkend auf bereits für Anschaffungen vor Juli 2024 an möglich sein und bis Dezember 2028 gelten.
2. Die private Nutzung vollelektrischer Dienstwagen soll steuerlich erweitert vergünstigt ermöglicht werden. Bemessungsgrundlage für die pauschale Besteuerung der privaten Nutzung mit Hilfe der sog. 1-%-Regelung ist der Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich Sonderausstattung (nachfolgend kurz „BLP“). Bei der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen ist der BLP allerdings nicht in voller Höhe anzusetzen, sondern nur zu einem Viertel (= 0,25 %-Regelung). Das gilt für die ab dem 1. Januar 2023 angeschafft Elektrofahrzeug nur, wenn der BLP maximal EUR 70.000 beträgt. Dieser Betrag soll nun für ab Juli 2024 angeschaffte Dienstwagen auf EUR 95.000 angehoben werden.
Der Anwendungsbereich für die vergünstige Besteuerung der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen wird insoweit nennenswert ausgeweitet, so dass für eine deutlich größere Anzahl von Dienstwagen die Regelung in Betracht kommen wird.
Ob die Bundesregierung hier die richtigen Anreize setzt, kann man wie so oft aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen. Sicher scheint aber, dass die geplanten Regelungen die Absatzzahlen von Elektrofahrzeugen positiv beeinflussen werden wird. Wenn die Regelungen das parlamentarische Verfahren so auch durchlaufen.
Planen Sie die Anschaffung eines Dienstwagens und wollen Sie wissen, welche Auswirkungen sich steuerlich aus einer Entscheidung für eines der unterschiedlichen Antriebskonzepte – Verbrenner, Hybrid, elektrisch – ergeben, sprechen Sie uns gerne an.
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