• Von der Redaktion Welt am Sonntag
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Artificial Intelligence Machine At Industrial Manufacture Factory Of Lithium Battery

Es war immerhin ein kleiner Erfolg, den Rock Tech Lithium Ende Juni vermelden konnte: Mit bis zu 90 Millionen Euro würde das Land Brandenburg den Bau einer Lithium-Raffinerie in Guben an der deutsch-polnischen Grenze fördern, teilte das Unternehmen mit. Das brandenburgische Wirtschaftsministerium habe dafür eine „bindende Absichtserklärung“ abgegeben. Immerhin: Brandenburg wollte den sogenannten Konverter von Rock Tech noch nicht aufgeben, in dem Lithium zu Lithiumhydroxid umgewandelt werden soll, das dann in E-Auto-Batterien verwendet werden kann.

Nur wenige Wochen zuvor hatte sich das deutsch-kanadische Unternehmen bei Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Abfuhr eingehandelt. Ursprünglich hatte Rock Tech bei Bund und Land 235 Millionen Euro Subventionen beantragt, doch das Bundeswirtschaftsministerium will wegen der leeren Haushaltskassen kein Geld zur Verfügung stellen.

 

Die Botschaft der Rock-Tech-Mitteilung war klar: 90 statt 235 Millionen Euro – immerhin. Doch die angeblich verbindliche Zusage der Brandenburger hat eine entscheidende Einschränkung, die das Unternehmen vorsichtshalber nicht erwähnte: Die Absichtserklärung zur Millionenförderung hat ein klares Ablaufdatum. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG gilt die Zusage nur bis Ende dieses Jahres – also nur noch weniger als fünf Monate. Bis dahin muss es Rock Tech gelingen, die gesamte Finanzierung der Lithium-Raffinerie sicherzustellen. Insgesamt soll der Bau rund 800 Millionen Euro kosten.

 

Auf Nachfrage räumt das Unternehmen nun verklausuliert ein, dass die Subventionszusage befristet ist: „Rock Tech ist sehr zuversichtlich, die vollständige Finanzierung (Eigen- und Fremdkapital) bis Ende dieses Jahres abzuschließen und Anfang nächsten Jahres mit dem Bau zu beginnen“, teilt eine Sprecherin mit. „Die Absichtserklärung des Landes Brandenburg ist auf unseren Zeitplan abgestimmt.“ Auch das Wirtschaftsministerium in Potsdam bestätigt die Frist: „Die Absichtserklärung enthält aus haushalterischen Gründen eine befristete Förderaussicht bis Ende des Jahres.“

 

Auf Rock Tech steigt der Druck damit weiter, endlich Ergebnisse bei den Verhandlungen mit möglichen Investoren zu liefern. Ohnehin läuft das Unternehmen seinen eigenen Zeitplänen bereits Monate hinterher. Anfang des Jahres hatte Rock-Tech-Chef Dirk Harbecke im Gespräch mit WELT AM SONNTAG bereits behauptet, er wisse, „wer unsere Partner bei der Finanzierung des Baus des Konverters sein werden“. Damals hatte Harbecke auch eine klare Frist genannt, bis zu der die Finanzierung stehen müsse. „Wir müssen und werden bis Ende des ersten Quartals 2024 Klarheit über die Förderung und Finanzierung haben“, sagte der Firmenchef im Januar.

 

Inzwischen ist längst auch das zweite Quartal beendet, doch eine sichere Finanzierung der Raffinerie in Guben gibt es noch immer nicht. Die Zeit wird nicht nur wegen der befristeten Förderzusage des Landes knapp. In den ersten drei Monaten des Jahres belief sich der Verlust von Rock Tech auf 5,4 Millionen Dollar, das war zwar weniger als im Vorjahr, als das Minus im ersten Quartal noch 12,2 Millionen Dollar betrug. Doch die finanziellen Reserven des Unternehmens schrumpfen damit weiter. Ende März verfügte es nur noch über knapp 10,5 Millionen Dollar in bar – drei Monate zuvor waren es noch mehr als 14,7 Millionen Dollar gewesen. Zwar gelang es dem Management, den Bargeldabfluss etwas zu bremsen, doch ohne neues Kapital oder deutliche Einsparungen reichen die Reserven nur bis zum Jahresende.

 

Das wissen natürlich auch mögliche Investoren, die darauf spekulieren könnten, dass der Druck auf Rock Tech mit jeder Woche weiter steigt, auch schlechteren Konditionen zuzustimmen. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG aus Unternehmenskreisen sollen derzeit vor allem Gespräche mit zwei möglichen Investoren stattfinden. Zum einen wird im Umfeld von Rock Tech immer wieder der Name von Cornelius Boersch und seinem Risikokapitalfonds Mountain Partners genannt. Aber auch ein chinesischer Investor gilt als möglich. In Unternehmenskreisen ist die Rede von dem Konzern Tianqi Lithium. Dieser ist vor allem in China, Chile und Australien bereits im Lithium-Geschäft tätig und kündigte unlängst an, auch in Europa in die Produktion des Rohstoffs investieren zu wollen. Rock Tech teilte mit, man wolle sich „zu laufenden Gesprächen nicht äußern“, Boersch ließ Anfragen zu den angeblichen Verhandlungen unbeantwortet.

 

Der Einstieg eines chinesischen Investors könnte durch die Subventionsabsage aus dem Bundeswirtschaftsministerium sogar erleichtert werden. Bislang galt eine Finanzierung mit chinesischer Beteiligung als problematisch, weil durch den Aufbau einer eigenen europäischen Lithium-Lieferkette ja gerade die Abhängigkeit von China reduziert werden soll. Doch nun muss Rock Tech bei der Auswahl der Investoren zumindest auf die Bundespolitik weniger Rücksicht nehmen. Im Umfeld des Unternehmens machen Gerüchte die Runde, dass ein zweistufiger Einstieg der Chinesen geplant sein könnte: Zunächst würde man lediglich eine Minderheitsbeteiligung von gut einem Viertel abschließen, die dann später bis zu einer Mehrheitsbeteiligung ausgebaut werden könnte.

 

In Brandenburg will man die Hoffnung jedoch nicht aufgeben, dass dem Unternehmen doch noch eine Finanzierung gelingen kann: „Das Land Brandenburg ist weiterhin zuversichtlich, dass Rock Tech an der geplanten Investition am Standort Guben festhält und den Lithiumhydroxid-Konverter errichtet“, teilt die Sprecherin von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) mit. „Ein wichtiger Meilenstein für das Vorhaben war die Übergabe der Bau- und Betriebsgenehmigung seitens des Landesamtes für Umwelt im Mai dieses Jahres.“ Tatsächlich liegt die nötige Erlaubnis für den Konverter inzwischen vor, doch ohne das nötige Geld ist sie wertlos. Im Januar hatte Rock-Tech-Chef Harbecke noch betont, wie wichtig die Förderung ist. „Wir benötigen staatliche Subventionen, sonst können wir den Konverter nicht bauen“, sagte er damals. „Dafür ist der internationale Druck inzwischen zu groß.“

 

Doch die Konkurrenz zieht nicht nur im Ausland an Rock Tech vorbei. Auch in Deutschland sind vergleichbare Projekte inzwischen weiter. So will das Unternehmen AMG Lithium schon Mitte September eine Lithium-Raffinerie in Betrieb nehmen. Die wird allerdings nicht in Brandenburg, sondern im sachsen-anhaltinischen Bitterfeld stehen. Bereits im kommenden Jahr sollen dort nach Unternehmensangaben 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert werden – genug für eine halbe Million E-Autos. Bis 2030 soll die Kapazität auf bis zu 100.000 Tonnen verfünffacht werden.

 

Rock Tech will frühestens 2026 mit der Lithiumhydroxid-Produktion starten, doch dafür müsste nun möglichst schnell mit dem Bau des Konverters begonnen werden. Laut dem jüngsten Quartalsbericht braucht man dafür noch etwa 720 Millionen Euro, außerdem fehlen verbindliche Lieferverträge für das nötige Rohmaterial – und dann hängt dem Bericht zufolge eben auch noch alles vom „Status der erwarteten finanziellen Unterstützung vom Land Brandenburg ab“. Der ändert sich spätestens zum Jahresende.

Quelle

Welt am Sonntag

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