Zuordnungsentscheidung für die erste Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmern

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Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern nahm kürzlich eine umfassende Würdigung zur Feststellung einer entsprechenden Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte eines Arbeitnehmers vor. So entschied das Finanzgericht, dass die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, als erste Tätigkeitsstätte anzunehmen ist. Die Zuordnung wird durch arbeitsrechtliche Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.

Im vorliegenden Streitfall vom 24. November 2021 (3 K 6/20) war der Kläger als Bauleiter tätig. Der Arbeitgeber des Klägers hatte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung an einem Ort, welcher im Arbeitsvertrag als „Einstellungsort“ bezeichnet war. Dies stellt keine erste Tätigkeitsstätte nach Ansicht des Finanzgerichts dar.

Der Gesetzgeber definiert in § 9 Abs. 4 EStG die erste Tätigkeitstätte als die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitsgebers, welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Grundsätzlich ist aus steuerlicher Sicht zu unterscheiden, ob es sich beim Tätigkeitsort um eine erste Tätigkeitsstätte oder um eine Auswärtstätigkeit handelt.

Handelt es sich um eine erste Tätigkeitsstätte, so berechnet sich die Entfernungspauschale zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,30 EUR je Entfernungskilometer (ab dem 21. Kilometer: 0,38 EUR). Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer grundsätzlich keine Verpflegungspauschale geltend machen.

Davon zu unterscheiden ist die Auswärtstätigkeit. Hierbei berechnet sich die sogenannte Dienstreisepauschale mit 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer. Ebenfalls kann der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale je nach Abwesenheitszeit geltend machen.

Vorrangig erfolgt die Zuordnung grundsätzlich anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie der diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen durch den Arbeitgeber. Beispiele für die erste Tätigkeitsstätte sind die betrieblichen Einrichtungen, wo etwa ein unbefristetes Tätigwerden, ein Tätigwerden für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten erfolgt. Bei Fehlen einer solchen dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegung oder falls diese nicht eindeutig festgehalten ist, definiert sich diese dadurch, dass der Arbeitnehmer dauerhaft

– typischerweise arbeitstäglich,
– oder je Arbeitswoche zwei volle Tage,
– oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Im vorliegenden Streitfall argumentierte der Kläger, dass er keine erste Tätigkeitsstätte am Sitz seines Arbeitgebers habe, sondern vielmehr übe er eine Auswärtstätigkeit in Form der sogenannten Einsatzwechseltätigkeit aus. Hierbei fehle es dahingehend an einer schriftlichen Festlegung durch den Arbeitgeber. Er sei dem Firmensitz nicht zugeordnet und sei gegenüber seinem Arbeitgeber in erster Linie dazu verpflichtet, auf den jeweiligen Baustellen tätig zu werden. Er habe zwar einen Arbeitsplatz am Firmensitz, allerdings sei der Kläger aufgrund von schriftlichen Festlegungen nicht dazu verpflichtet, von dort aus arbeitstäglich oder mehrmals wöchentlich tätig zu werden. Durch die schriftliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag über den „Einstellungsort“ wird er nicht der ortsfesten betrieblichen Einrichtung zugeordnet. So begründet das Finanzgericht, dass der Kläger das ihm zur Verfügung gestellte Büro zwar nutzen kann, dies allerdings nicht bedeutet, dass er es nutzen muss. Die Niederlassung des Arbeitgebers stellt nach Ansicht des Finanzgerichts in diesen Fällen also keine erste Tätigkeitsstätte dar für den Bauleiter dar.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen der möglichen Auswirkungen auf eine Vielzahl von vergleichbaren Fällen zugelassen. Vergleichbare Fälle sollten offengehalten werden, bis der Bundesfinanzhof entschieden hat (Aktenzeichen beim BFH: VI R 27/21).

Wenn Sie Fragen zu dem genannten Thema haben, sprechen Sie uns an. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. (IPO/Dil)