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Die deutsche umsatzsteuerrechtliche Organschaft war in den letzten Jahren regelmäßig Gegenstand in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Vor einiger Zeit hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, wer bei Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft Schuldner der Umsatzsteuer ist. Ist es der Organträger oder vielmehr der Organkreis (sog. Mehrwertsteuer-Gruppe)? Mittlerweile liegen dem Europäischen Gerichtshof Schlussanträge der Generalanwältin Laila Medina vor. Sofern der Europäische Gerichtshof ihrer Sichtweise folgt, könnte dies enorme Auswirkungen für den deutschen Fiskus mit sich bringen.
Nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Hierbei spricht man von einer sogenannten umsatzsteuerlichen Organschaft. Die Wirkungen dieser Organschaft sind grundsätzlich jeweils auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmsteilen, welche als ein Unternehmen zu behandeln sind, beschränkt.
Folge einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist also, dass es zu einer Zusammenfassung mehrerer Unternehmen zu einem Steuerpflichtigen kommt. Dabei gilt der Organträger als Steuerschuldner für sämtliche Umsätze. Auch für solche, die andere eingegliederte Organgesellschaften gegenüber Dritten ausführen. Umsätze innerhalb des Zusammenschlusses unterliegen dagegen als sog. Innenumsätze nicht der Umsatzsteuer.
Generalanwältin Laila Medina vertritt die Auffassung, dass die deutsche Regelung im Grundsatz als nicht EU-rechtskonform anzusehen ist. Die EU-Regelung sei dahingehend auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die nur das die Gruppe beherrschende Mitglied (Organträger) unter Ausschluss der übrigen Mitglieder der Gruppe als Vertreter der Mehrwertsteuergruppe und als Steuerpflichtigen jener Gruppe bestimmt.
Sofern der Europäische Gerichtshof der Sichtweise der Generalanwältin folgt, ist nicht mehr der Organträger als Steuerschuldner für die Umsätze der Organschaft anzusehen. Insofern dürften die gegen den Organträger erlassenen Umsatzsteuerbescheide rechtswidrig sein. Aus diesem Grund wäre es denkbar, dass die an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer zurückverlangt werden kann, sofern dies verfahrensrechtlich noch möglich ist.
Die Auswirkungen wären gravierend. Die Organträger könnten sich auf das Unionsrecht berufen und gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen vorgehen, während die Organgesellschaften unter Berufung auf das nationale Recht unverändert keine Umsatzsteuer abführen würden. Da die Mehrwertsteuer-Gruppe im deutschen Umsatzsteuerrecht bislang nicht geregelt ist, läuft der Fiskus – je nach Ausgang des Verfahrens und etwaiger gesetzlicher Neuregelungen – Gefahr, einen erheblichen Steuerausfall hinnehmen zu müssen.
Wie bereits erwähnt, handelt es sich lediglich um einen Schlussantrag. Abzuwarten bleibt also die mit Spannung erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und die Folgeentscheidung des Bundesfinanzhofs.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. (YHE/PAW)