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Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Steuerberater
Das FG Baden-Württemberg hat sich im Rahmen eines Rechtsstreits mit der Frage befasst, ob Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der Steuerpflicht unterliegen.
Im konkreten Fall handelte ein Sohn treuhänderisch für seinen Vater bei sechs internetbasierten Handelsplattformen mit Kryptowährungen. Dazu erwarb er zunächst mit US-Dollar Bitcoins, welche er dann entweder direkt handelte oder wiederum zum Erwerb anderer Kryptowährungen einsetzte. Die im Streitjahr 2017 durch An- und Verkäufe erzielten Gewinne von rund 32.000,00 EUR stufte das Finanzamt als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG ein.
Der Vater war damit nicht einverstanden und reichte nach erfolglosem Einspruch Klage ein.
Im Wesentlichen basierte die Klage auf zwei Argumenten: Zum ersten seien Kryptowährungen keine „anderen Wirtschaftsgüter“ und fallen daher nicht in die Regelung der privaten Veräußerungsgeschäfte. Zum zweiten bestünde bei der Besteuerung von Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit, das dem Gesetzgeber zurechenbar sei und eine Besteuerung ausschließe.
Das FG Baden-Württemberg wies die Klage mit Entscheidung vom 11. Juni 2021 (5 K 1996/19) ab und gab dem Finanzamt recht.
Zum ersten Argument führte das FG aus, dass der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen ist. Er umfasst neben Sachen und Rechte im Sinne des BGB auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, also sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind. Dies ist nach Ansicht des Gerichts gegeben. Der Wert der jeweiligen Kryptowährung ermittelt sich aus Angebot und Nachfrage an speziellen Internethandelsbörsen. Die dort in der Vergangenheit zum Teil erzielten hohen Preise zeigen deutlich, dass Marktteilnehmer sich den Erwerb der virtuellen Währung etwas kosten lassen. Technische Details der Kryptowährungen sind für die rechtliche Bewertung unerheblich. Folglich sind Kryptowährungen andere Wirtschaftsgüter, auf welche die Vorschriften der privaten Veräußerungsgewinne anzuwenden sind.
Auch hinsichtlich des zweiten Arguments entschied das FG zulasten des Klägers. Der Umstand, dass die Veräußerung der Kryptowährungen bei den Internetbörsen möglicherweise anonym erfolgt, reicht nicht aus, um ein strukturelles, in der gesetzlichen Regelung selbst angelegtes Vollzugsdefizit zu begründen. Von Bedeutung ist insoweit vielmehr, dass für Finanzbehörden regelmäßig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, zum Beispiel im Rahmen von Sammelauskunftsersuchen, die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte auch bei Internethandelsplattformen einzuholen. Die Steuerbelastung bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Kryptowährungen beruht somit nicht nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen.
Darüber hinaus ist der Gesetzgeber weder verpflichtet noch dazu in der Lage, auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch zu reagieren. Vielmehr hat er einen weiten Ermessenspielraum und darf zunächst deren erste Entwicklung abwarten. Er muss im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen. Solche bestanden nach Ansicht des Gerichts bis zum Streitjahr jedoch noch nicht.
Der Vater legte gegen das Urteil Revision beim BFH ein. Es bleibt abzuwarten, ob die Ausführungen des Finanzamts und des FG höchstrichterlich bestätigt werden.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. (STH/NLI)