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Sind die Aktienbörsen zu optimistisch?

Seit den Tiefpunkten im März dieses Jahres haben sich die Aktienmärkte weltweit in noch nie dagewesener Geschwindigkeit wieder erholt. Zum Ende des dritten Quartals ist dieser Aufschwung ins Stocken gekommen. Neben dem früher als erwarteten Beginn einer zweiten Corona-Welle und dem möglicherweise „harten Brexit“ werden die Kapitalmärkte aktuell auch noch durch ein äußerst knappes Ergebnis der Präsidentschaftswahl in den USA beeinträchtigt, das vermutlich rechtlich angefochten und für eine länger anhaltende Unsicherheit sorgen wird. Wie bewerten die Banken und Vermögensverwalter diese Situation unter anlagestrategischen Gesichtspunkten? Die Entwicklung der Aktienmärkte wird überwiegend als logische Konsolidierung nach einer in Ausmaß und Geschwindigkeit unerwarteten Erholung im Anschluss an den Schock im März angesehen, deren Auslöser die politischen Themen und die Sorge vor einem erneuten Lockdown waren. Dabei sind die beiden genannten politischen Themen nur von vorübergehender Bedeutung, eine negative Auswirkung der Pandemie auf die Kapitalmarktentwicklung wird nur bei einer unerwartet schlechten Entwicklung gesehen.

Welche Erwartungen haben die Banken und Vermögensverwalter für die Zukunft?

Sowohl das Ergebnis der US-Wahl als auch ein No-Deal Brexit werden von Banken und Verwaltern als Anlässe für eine kurzfristig erhöhte Schwankungsanfälligkeit der Aktienbörsen in den nächsten Wochen gesehen. Dabei geht die Mehrheit hinsichtlich des Brexit davon aus, dass die EU deutlich besser auf eine harte Trennung von Großbritannien vorbereitet ist als das Vereinigte Königreich und damit von einer geringen Auswirkung auf die EU-Aktienmärkte. Einige Stimmen erwarten noch ein „EU-typisches“ Vorgehen mit einer Einigung auf ein Freihandelsabkommen in letzter Minute.

Ob Donald Trump Präsident bleibt oder Joe Biden Präsident wird, macht für die Aktienbörsen nur insoweit einen Unterschied, dass unterschiedliche Sektoren von dem einen mehr und dem anderen weniger profitieren werden und dass von einem Präsidenten Biden mittelfristig eine Anhebung der Unternehmenssteuern erwartet wird. In der Summe wird aber erwartet, dass nach der Wahl ein „Honeymoon“ für die Aktienmärkte durch staatliche Investitionen oder weitere Steuerermäßigungen und Deregulierungen ausgelöst werden wird. Eine Patt-Situation beziehungsweise eine längere Unsicherheitsphase wird diese Entwicklung nur verzögern.

Damit bliebt die Pandemie das größte Risiko für die Aktienmärkte. Nur bei einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Infektionslage, die dann durch noch härtere Maßnahmen bekämpft werden müsste, befürchten nahezu alle Verwalter einen neuerlichen Rückschlag. Vereinzelt wird aber auch auf ein „Aufwärtsrisiko“ durch eine mögliche frühzeitige Zulassung eines erfolgversprechenden Medikaments oder eines Impfstoffs hingewiesen, wodurch die wirtschaftliche Dynamik weiter verbessert werden sollte.

Welche Handlungsempfehlungen werden gegeben?

Mehrheitlich kommen die Verwalter somit zu dem Ergebnis, dass an Investments in Aktien zumindest auf mittlere Sicht kein Weg vorbeiführt. Das weiterhin äußerst niedrige Zinsniveau begünstigt die Aktienmärkte zusätzlich. Investoren sollten die von der Krise stark betroffen Branchen Luftfahrt, Touristik aber auch Maschinenbau und Banken meiden und die begünstigten Sektoren IT, Gesundheitswesen und langfristige Konsumgüter bei den Anlageentscheidungen favorisieren.