Rechnungsabgrenzungsposten: Kein Muss mehr für den Jahresabschluss

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Aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) sind in nahezu jeder Bilanz zu finden. Im Jahr 2021 entschied der BFH etwas überraschend, dass die Abgrenzung auch in Fällen mit geringer Bedeutung (wie etwa bei Kfz-Steuern) erforderlich ist und es keine Geringfügigkeits- oder Kleinbetragsgrenzen gibt. Umso erfreulicher ist es nun, dass der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2022 aktiv geworden ist und ein Wahlrecht eingeführt hat. Dort wurde eine Wesentlichkeitsgrenze für den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten bestimmt, die sich betragsmäßig an der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter orientiert. Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann demnach unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme den Betrag von 800,00 EUR nicht übersteigt. Das steuerliche Wahlrecht ist einheitlich für sämtliche Ausgaben und Einnahmen auszuüben. Es ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 enden.

Zum Hintergrund des neuen steuerlichen Wahlrechts: In der Handelsbilanz sind auf der Aktivseite der Bilanz Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen, wenn Ausgaben vor dem Abschlussstichtag getätigt werden und diese als Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für die Steuerbilanz bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG. Der Ausweis erfolgt durch Aktivierung der Aufwendungen auf der Aktivseite der Bilanz und ist zur periodengerechten Gewinnermittlung erforderlich. Der Aufwand wird dadurch in das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit verschoben und erst mit Auflösung des Aktivpostens im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt. Wichtig ist in der Praxis, dass die Bildung nur dann erfolgt, wenn der Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag anfällt. Eine bestimmte Zeit liegt nur vor, wenn die abzugrenzende Ausgabe für einen konkreten nach dem Abschlussstichtag liegenden Zeitraum geleistet wurde. Lässt sich der Zeitraum nur durch eine Schätzung ermitteln, ist hingegen kein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.

Im Gegensatz zu aktiven Rechnungsabgrenzungsposten sind passive Rechnungsabgrenzungsposten dann zu bilden, wenn Einnahmen vor dem Abschlussstichtag zufließen und diese einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen. Typische Beispiele für passive Rechnungsabgrenzungsposten sind Mietvorauszahlungen von Mietern oder bereits vereinnahmte Garantiegebühren. Bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten ist der Begriff der bestimmten Zeit weiter auszulegen. Für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens gilt auch eine fundierte Schätzung des Zeitablaufs als ausreichend, um eine Passivierung vorzunehmen. Beim Ansatz passiver Rechnungsabgrenzungsposten genügt es, dass der Zeitraum nach dem Abschlussstichtag zwar nicht bestimmt, aber bestimmbar ist.

Während bei der handelsrechtlichen Abschlusserstellung der Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsgrundsatz herangezogen werden darf, war aufgrund der BFH-Rechtsprechung aus 2021 für steuerliche Zwecke eine Abgrenzung auch für Kleinbeträge erforderlich. Das neue steuerliche Wahlrecht erlaubt nun ab 1. Dezember 2022 analog zu dem Handelsrecht den Verzicht auf die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens in den Fällen, in denen die Wesentlichkeitsgrenze von 800,00 EUR nicht überschritten wird.

Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. (LB/PAW)