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Steuerberater
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Bundesländern Mitte des Jahres 2023 einen Diskussionsentwurf für eine Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes vorgelegt. Der Entwurf orientiert sich größtenteils an einem Vorschlag zur Modernisierung des Grunderwerbsteuerrechts des Arbeitskreises Grunderwerbsteuerrecht an der Universität Leipzig. Das In Kraft treten des Gesetzes ist bzw. war für den 1. Januar 2024 geplant.
Das BMF sieht ein Erfordernis für die Anpassung des Grunderwerbsteuergesetz in dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10. August 2021. Der überwiegende Wegfall der gesamthänderischen Vermögensbindung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2024 bei Personengesellschaften wirke sich sowohl auf die Vergünstigungen einer Gesamthand in den §§ 5, 6 und 7 GrEStG als auch auf die Berechnungsmethoden in den Ergänzungstatbeständen in § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG aus. Nach Auffassung des Gesetzgebers und auch des Arbeitskreises Grunderwerbsteuerrecht haben die Vergünstigungen der §§ 5, 6 und 7 GrEStG, die auf die Gesamthand abzielen, mit dem In Kraft treten des MoPeG ab dem 1. Januar 2024 keinen Anwendungsraum mehr.
Im Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz, Beschluss Bundeskabinett vom 30. August 2023; vgl. unseren Blogbeitrag vom 25. September 2023) ist in Artikel 39 aus diesem Grunde aufgenommen, dass durch Einfügung eines § 23 Abs. 25 GrEStG-E Rechtssicherheit in Bezug auf noch laufende Nachbehaltensfristen der §§ 5 Abs. 3 S. 1, 6 Abs. 3 S. 2 und 7 Abs. 3 S. 1 GrEStG hergestellt werden soll. Die Fristen gelten weiter und werden nur verletzt, wenn sich der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Nachbehaltensfrist vermindert und nicht bereits durch das In Kraft treten des MoPeG.
Es ist nach gegenwärtigem Stand der Gesetzgebungsverfahren nicht unwahrscheinlich, dass die neue Rechtslage zum Jahreswechsel 2023/2024 noch nicht geklärt sein wird. Rechtssicherheit für geplante Grundstücksübertragungen oder Umstrukturierungen besteht daher insoweit nur für Besteuerungszeitpunkte bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023.
Ein Ausblick auf die wesentlichen geplanten Neuregelungen des Grunderwerbsteuerrechts soll an dieser Stelle jedoch nicht fehlen. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen vor allem die Besteuerung von sogenannten „Share Deals“ sowie Anpassungen bei Steuervergünstigungen für Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen und Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern.
Share Deals
Eine zentrale Neuerung ist die einheitliche und rechtsformneutrale Besteuerung von Share Deals gemäß einem neuen § 1a GrEStG. Dieser Abschnitt sieht die Besteuerung von Anteilserwerben vor, die zur Vereinigung von 100 % der Anteile an einer Grundstücksgesellschaft führen. Die bisher in § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG geregelten Ergänzungstatbestände sowie in der Folge auch die erst mit dem Jahressteuergesetz 2022 in § 16 Abs. 4a GrEStG eingeführte Regelung zur Beseitigung einer möglichen Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer in den sog. “Signing/Closing“-Fällen sollen aufgehoben werden.
Es sind keine festen Zeiträume oder bestimmte Beteiligungsquoten (wie derzeit 90 %) festgelegt. Um Steuerumgehungsmöglichkeiten zu begegnen, gibt es neue Betrachtungsebenen wie z. B. die „Erwerbergruppe“ und das „dienende Interesse“. Das bedeutet, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Gruppen von Personen besteuert werden können, wenn sie durch koordinierte Käufe alle Anteile an einer Gesellschaft erwerben. Eine solche Gruppenbesteuerung wird angenommen, wenn es einen sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang zwischen den Anteilsübertragungen gibt. Einzelheiten zur Auslegung dieser neuen Begrifflichkeiten bleiben abzuwarten.
Begünstigungen im Zusammenhang mit Gesellschaften
Die bestehenden Steuervergünstigungen im Zusammenhang mit Gesellschaften sollen durch einen überarbeiteten § 5 GrEStG-E ersetzt werden. Diese neue Regelung ersetzt sodann die bisherige Konzernklausel (§ 6a GrEStG) sowie die Vergünstigungen für Übergänge auf eine Gesamthand (§ 5 GrEStG) und für Übergänge von einer Gesamthand (§ 6 GrEStG).
Nach § 5 Abs. 1 GrEStG-E sollen Erwerbsvorgänge von der Steuer befreit werden, wenn sich der maßgebliche Einfluss einer Person auf das Grundstück durch diesen Erwerbsvorgang nicht ändert. Dieser Einfluss liegt vor, wenn die Person dem Grundstück zuzuordnen ist oder wenn sie die oberste Person in einer Beteiligungskette ist, bei der sich alle Anteile an der Grundstücksgesellschaft vereinigen. Damit werden zukünftig alle Übertragungen innerhalb eines 100 %-Konzerns begünstigt, unabhängig von der Art des Transfers (Asset- oder Share-Deal, Kaufvertrag oder Umwandlung) oder der anzuwendenden Rechtsordnung (EU/EWR-Recht oder Drittstaatenrecht) sowie ohne Vor- oder Nachbehaltensfristen.
Der neue § 5 Abs. 2 GrEStG-E regelt, dass die Steuer für Übertragungen von Grundstücken von mehreren Miteigentümern oder einem Alleineigentümer auf ihre bzw. seine Gesellschaft (teilweise) nicht erhoben wird, wenn eine fünfjährige Vorbehaltenszeit eingehalten wird. Die Art der Gesellschaft, ob Personen- oder Kapitalgesellschaft, spielt dabei keine Rolle.
Ebenso sieht der § 5 Abs. 3 GrEStG-E eine teilweise Steuerbefreiung für Übertragungen von Grundstücken von einer Gesellschaft in das Miteigentum ihrer Gesellschafter oder das Alleineigentum eines Gesellschafters vor, wenn eine fünfjährige Nachbehaltenszeit eingehalten wird. Auch hier ist die Rechtsform der Gesellschaft nicht relevant.
Begünstigung für die privat genutzte Immobilie
Im Entwurf ist auch vorgesehen, den Bundesländern die Möglichkeit zu geben, einen reduzierten Steuersatz für den Erwerb von Grundstücken durch natürliche Personen zu eigenen Wohnzwecken einzuführen.
Verlängerung der Anzeigefrist
Die Frist zur Anzeige des grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestands soll von zwei Wochen auf einen Monat verlängert werden (§ 19 Abs. 3 GrEStG-E).
Inwieweit die Inhalte des Diskussionsentwurfs nach Anhörung der einschlägigen Verbändeunverändert in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, bleibt abzuwarten. Die kommenden Wochen dürften mit Blickrichtung, auf die sich verändernde Rechtslage ab dem 1. Januar 2024 weitere Erkenntnisse bringen.
Hinsichtlich offener Umstrukturierungen mit Beteiligung von grundbesitzenden Gesellschaften sollte eine Umsetzung bis zum Ende des Jahres 2023 geprüft werden. Gerne beraten wir Sie hinsichtlich der rechtsicheren Gestaltung der Sachverhalte, um vermeidbare Steuerbelastungen zu verhindern.
(JMÖ 18. Oktober 2023)