Leiharbeiter und die erste Tätigkeitsstätte: eine noch ungeklärte Frage betreffend die Werbungskosten!

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Das Thema der ersten Tätigkeitsstätte bei Zeit- und Leiharbeitern ist nach wie vor ein Aktuelles und noch nicht in Gänze geklärt. Gerade hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung bei Werbungskosten, ist dies essenziell und ausschlaggebend dafür, ob diese sog. Reisekosten i. V. m. der neuen Tätigkeitsstätte für die Arbeitnehmer steuerlich geltend gemacht werden können. Im Folgenden wird auf die Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte samt den damit verbundenen Problematiken eingegangen.

I. Die Relevanz der dauerhaften Zuordnung

Die Dauerhaftigkeit spielt bei der Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte eine wesentliche Rolle und entscheidet darüber, wie die Tätigkeit des Zeit- bzw. Leiharbeiters bei dem Entleiher (jenes Unternehmen, welches die Arbeitnehmer übernimmt), eingeordnet wird. Hierbei wird zwischen einer ungünstigen ersten Tätigkeitsstätte bei dauerhafter Zuordnung und einer steuerlich lukrativen Auswärtstätigkeit bei einer nicht dauerhaften (vorübergehenden) Zuordnung unterschieden. Somit ergibt sich aus dieser Einordnung, ob die angefallenen Reisekosten als Werbungskosten angesetzt (bei nicht dauerhafter Zuordnung) oder nicht angesetzt (bei dauerhafter Zuordnung) werden können.

Grundsätzlich ist die Definition der dauerhaften Zuordnung im § 9 Abs. 4 S. 3 EStG geregelt. Demnach ist von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über den Zeitraum von 48 Monaten hinaus an der Betriebsstätte des Entleihers tätig ist.

Zusätzlich gilt lt. BFH Urteil vom 4. April 2019 (VI R 27/17), dass o. g. Dauerhaftigkeit erreicht wird, wenn die Dauer der Zuordnung der Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt wurde und sich nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Hierzu ist anzumerken, dass auch die Gegebenheit, dass der Arbeitnehmer jederzeit zu einer anderen Tätigkeitsstätte eingeordnet werden kann, nicht zur Annahme einer befristeten Zuordnung führen kann.

Im Umkehrschluss führt lt. Auffassung des BFH (Urteil vom 10. April.2019, VI R 6/17) ein befristetes Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Arbeitgeber zu keiner dauerhaften Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen des Leiharbeitsverhältnisses. Somit wäre eine dauerhafte Zuordnung nur gegeben, wenn die Zuordnung für die Dauer des befristeten Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von über 48 Monaten besteht.

II. Der noch ungeklärte Praxisfall

Unklar ist allerdings noch, was gilt, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber unbefristet ist, aber die Übergabe an den Entleiher erst nach dem 1. April 2017 erfolgt.

Hierzu ist anzumerken, dass lt. alter Rechtslage (vor dem 1. April 2017) am Beispiel der Entscheidung des FG Niedersachsen vom 13. Juli 21 (13 K 63/20, rkr.), davon auszugehen ist, dass ein unbefristeter Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers automatisch im Rahmen einer Überlassung an den Entleiher, zu einer dauerhaften Zuordnung führt.

Allerdings ist o. g. nicht analog auf die neue Rechtslage anwendbar, da gem. § 1 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG ein Arbeitnehmer, der an einen Entleiher verliehen wird, nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an diesen (vorausgesetzt es handelt sich um den gleichen Entleiher) verliehen werden bzw. dort tätig werden darf. Hieraus ergibt sich die Problematik, dass es fraglich ist, ob die Tatbestandsvoraussetzung der dauerhaften Zuordnung noch gegeben ist.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die neue Rechtslage dazu führt, dass im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen mit Zeit- und Leiharbeitern es fraglich ist, ob eine dauerhafte Zuordnung an Entleiher und somit das Vorliegen einer ungünstigen ersten Tätigkeitsstätte gegeben ist. Sollte diese Zuordnung zu verneinen sein, so sind die Reisekosten für die Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsstätte des Entleihers als Werbungskosten anzusetzen.

Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. (Dil/DOE)