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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 22.09.2022 entschieden (Az. III R 40/21), dass eine Kindergeldgewährung wegen eines Dienstverhältnisses, welches als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient, grundsätzlich nicht mehr möglich ist. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Tochter (Geburtsjahrgang 1997) der Klägerin nahm nach Abschluss ihres Medizinstudiums ein Dienstverhältnis (Arbeitszeit 42 Stunden) in einer Klinik auf, um Fachärztin zu werden. Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende des Medizinstudiums Kindergeld, lehnte eine Weitergewährung des Kindergelds während der Vorbereitung auf die Facharztqualifikation jedoch mit der Begründung ab, dass es sich hierbei nicht mehr um eine Berufsausbildung handele.
Das sah der BFH genauso: Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden kindergeldrechtlich u.a. dann berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Insoweit dienen der Vorbereitung auf ein Berufsziel zwar alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Werden die Ausbildungsmaßnahmen allerdings innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Erlangung beruflicher Qualifikationen, d.h. der Ausbildungscharakter, und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen, d.h. der Erwerbscharakter, im Vordergrund steht. Im Streitfall überwog allerdings der Erwerbscharakter, da die Tochter im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Klinik bereits ihre Qualifikation als Ärztin einsetzte. Im Vergleich mit ihrer praktischen Tätigkeit als Ärztin hatte die theoretische Wissensvermittlung im Rahmen der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Umfang. Zudem stand die Erbringung der Arbeitsleistung in der Klinik im Vordergrund und die Tochter erhielt auch keine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin angemessenes Entgelt.
Fazit: Aus Sicht des Gerichts kommt insbesondere der Höhe der Vergütung ein entscheidender Faktor zu. Insoweit wird auch ein Unterschied zwischen Facharztausbildung und juristischem Referendariat gesehen. Aufgrund der Höhe der typischerweise gezahlten Vergütung sowie der tatsächlichen Art und Weise der Ausgestaltung von Facharztausbildungen ist fraglich, ob überhaupt noch Fälle in der Praxis denkbar sind, in denen ein Anspruch auf Kindergeld bei Aufnahme der Facharztausbildung durch das Kind bestehen könnte.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an. (Dil)