Grundsatzurteile zur möglichen Doppelbesteuerung der Renten

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Der Bundesfinanzhof hat in zwei Urteilen (X R 33/19, X R 20/19) die aktuelle Ausgestaltung der Rentenbesteuerung grundsätzlich bestätigt. Erstmals hat das oberste Finanzgericht jetzt aber konkrete Berechnungsparameter für eine etwaige doppelte Besteuerung von Renten festgelegt.

Hintergrund der Urteile ist, dass seit 2005 das System der Besteuerung der gesetzlichen Rente umgestellt wird. Auslöser für diese Umstellung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002, das den Gesetzgeber zu einer Änderung verpflichtet hatte. Während Beamtenpensionen voll versteuert werden mussten, wurde bei der gesetzlichen Rente nur die laufenden Rentenbeiträge aus dem bereits versteuerten Einkommen abgeführt werden, die späteren Rentenbezüge waren steuerfrei. Dies bewertete das Bundesverfassungsgericht als unzulässige Ungleichbehandlung.

Daraufhin entschied der Gesetzgeber, ab 2005 schrittweise auf eine nachgelagerte Besteuerung umzustellen – und zwar sowohl für die Besteuerungsseite als auch für die Beitragsseite.

Schrittweise sind bis 2025 immer größere Anteile der Rentenbeiträge von der Steuer absetzbar (im Jahr 2021 sind es 92 %). Ab 2025 sind dann sämtliche Altersvorsorgeaufwendungen ungekürzt als Sonderausgaben abziehbar.

Bezieht ein Rentner seit 2005 oder früher eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, beträgt der Besteuerungsanteil 50 %. Für jeden neu hinzukommenden Rentenjahrgang erhöht sich der Prozentsatz um jährlich 2 % (ab 2021 um 1 %), sodass der Besteuerungsanteil ab 2040 dann 100 % beträgt.

Diese Umstellung hat zu zahlreichen Klagen geführt, da in bestimmten Fällen eine doppelte Besteuerung vermutet wird – also eine Besteuerung sowohl der Rentenauszahlung als auch eine Besteuerung des Einkommens, aus dem zuvor die Einzahlungen in die Rentenkasse geleistet werden.

Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass bisher keine generelle doppelte Besteuerung von Renten vorliege.

Sowohl der Bundesfinanzhof als auch das Bundesverfassungsgericht haben die derzeitige Rentenbesteuerung bereits in mehreren Entscheidungen als verfassungskonform bestätigt. In den nun abgeschlossenen Verfahren ging es daher lediglich um bisher noch nicht höchstrichterlich entschiedene Fragen zur Berechnung der doppelten Besteuerung. Der Bundesfinanzhof hat bestätigt, dass die aktuelle Regelung der nachgelagerten Besteuerung der Rente verfassungskonform ist. Allerdings könnte sich für spätere Rentenjahrgänge bei gleichbleibender Gesetzeslage eine zu hohe Belastung im Rahmen der Besteuerung der Renten ergeben.

Erstmals hat das oberste Finanzgericht jetzt konkrete Berechnungsparameter für eine etwaige doppelte Besteuerung von Renten festgelegt.

Es kommt zur Beantwortung der Frage, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, insbesondere darauf an, wie hoch der steuerfreie Rententeil, der sog. Rentenfreibetrag, ist. Bisher hat die Finanzverwaltung bei der Ermittlung der steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse zusätzlich den allgemeinen steuerlichen Grundfreibetrag (derzeit 9.744 Euro) berücksichtigt. Der Bundesfinanzhof hat nun aber entschieden, dass der Grundfreibetrag nicht in die Berechnungen einfließen dürfe. Aufgrund dieser neuen Vorgabe ermittelt sich der steuerfreie Teil der Rente im Wesentlichen aus dem gesetzlich vorgesehenen Rentenfreibetrag unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Laufzeit der Rente. Infolgedessen sinkt der steuerfreie Rentenbetrag ab, wodurch eine Doppelbesteuerung in Zukunft wahrscheinlicher wird.

Auch bei fiktiver Anwendung dieser neuen Berechnungsgrundsätze auf die nun konkret vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle ergibt sich keine „doppelte Besteuerung“. Für den überwiegenden Teil der jetzigen Rentner wird keine „doppelte Besteuerung“ festzustellen sein. Anders könnte das für zukünftige Rentenjahrgänge aussehen: Der steuerfreie Teil der Rentenzahlungen wird in den nächsten Jahren stetig abnehmen, bis für die Rentenjahrgänge ab 2040 die gesamte Rente zu versteuern ist. Die Beiträge zur Rentenversicherung sollen allerdings bisher erst ab 2025 vollständig steuerfrei gestellt werden. Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Übergangsregelung unverändert blieben, könnte sich also eine Doppelbesteuerung ergeben.

Der Bundesfinanzhof hat daher erstmals konkrete Berechnungsparameter festgelegt. Diese Berechnungen können unter Umständen sehr aufwendig sein.

Entscheidung zu privaten Renten

Nach einer weiteren Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. Mai 2021 kann es bei Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung, die – anders als gesetzliche Altersrenten – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppelbesteuerung geben.

Der gesetzlich festgelegte Ertragsanteil typisiert in zulässiger Weise die Verzinsung der Kapitalrückzahlung für die gesamte Dauer des Rentenbezugs. Diese Art der Besteuerung verlangt nicht, dass die Beitragszahlungen in der Ansparphase steuerfrei gestellt werden.

Das Bundesfinanzministerium hat bereits umgehend auf die beiden BFH-Urteile reagiert und angekündigt, dass es sich nach der Bundestagswahl im September mit etwaigen Änderungen an den Berechnungsparametern beschäftigen wird.

Wenn Sie Fragen zu dem genannten Thema haben, sprechen Sie uns an. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. (YHE/PAW)