Fremdübliche Darlehenszinssätze bei verbundenen Unternehmen als „Betriebsprüfungsfalle“

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Ob die zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarten Darlehenszinsen fremdüblich sind oder nicht, ruft bei Betriebsprüfungen regelmäßig streitpotenzial hervor. Welche Zinssätze von der Finanzverwaltung noch akzeptiert werden, ist in vielerlei Hinsicht unklar. Nicht selten birgt insbesondere die Darlehensvergabe im grenzüberschreitenden Konzernverbund Unsicherheit.

Eine umfangreiche Entscheidung vom Bundesfinanzhof bringt nun Klarheit darüber, wie fremdübliche Darlehenszinssätze zu berechnen sind (BFH-Urteil vom 18.05.2021, I R 4/17). In dem Fall handelt es sich zwar um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, hat aber ebenfalls auch bei reinen Inlandsfällen Auswirkungen auf Darlehen von Gesellschaftern an ihre GmbH bzw. zwischen verbundenen Unternehmen.

Im vorliegenden Fall hatte eine inländische Konzerngesellschaft mehrere Darlehen bei einer in den Niederlanden ansässigen Schwestergesellschaft aufgenommen. Die Schwestergesellschaft diente als Konzernfinanzierungsgesellschaft. Die Finanzverwaltung sah die an die Schwestergesellschaft vereinbarten Darlehenszinsen als überhöht an und ging teilweise von einer verdeckten Gewinnausschüttung aus. Die Finanzverwaltung ermittelte daraufhin die fremdüblichen Zinssätze auf der Basis der Kostenaufschlagsmethode.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nicht nur möglich, wenn sie dem Gesellschafter direkt, sondern ebenfalls wenn sie indirekt über eine Schwestergesellschaft zufließt. So kann auch eine unangemessene Zinsgestaltung bei einer Schwestergesellschaft zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen.

Ein Fremdvergleich geht im Regelfall mit einer Schätzung einher. Zum Einsatz kommen können dabei die folgenden Schätzungsmethoden:

– Preisvergleichs-,
– Wiederverkaufs- und
– Kostenaufschlagsmethode.

So wird bei der Preisvergleichsmethode der vereinbarte Preis zwischen verbundenen Unternehmen mit dem Preis verglichen, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen oder mit unabhängigen Dritten vereinbart wurde. Ausgangspunkt der Wiederverkaufsmethode ist der Preis, den das wiederveräußernde Unternehmen am Markt erzielt. Grundlage der Kostenaufschlagsmethode sind die zunächst ermittelten Selbstkosten des liefernden oder leistenden Unternehmens, welche um einen angemessen Gewinnaufschlag erhöht werden. Diese legt der Liefernde oder Leistende bei seiner Preispolitik gegenüber Dritten zugrunde.

Der Bundesfinanzhof folgte der Entscheidung der Finanzverwaltung nicht, die Zinssätze auf Basis der Kostenaufschlagsmethode zu ermitteln. Die Begründung des Bundesfinanzhofes schlussfolgert sich in den Aspekten des Fremdvergleichs. Die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes ist so zu ermitteln, dass der vereinbarte Zinssatz mit dem Zins dergestalt verglichen wird, wie es bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten vereinbart worden ist, also folglich mit der Preisvergleichsmethode.

Darüber hinaus hat der vorliegende Fall in zweierlei Hinsicht besondere Bedeutung für die Praxis:

Der Umstand, dass die Schwestergesellschaft bei einem möglichen Kreditausfall von der Muttergesellschaft Unterstützung erhalten würde (sog. Konzernrückhalt), ist bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit außer Acht zu lassen und hat keinen Einfluss auf die Berechnung der Angemessenheit der vereinbarten Zinssätze. So würde ein fremder Dritter nur diejenigen Aspekte in der Beurteilung der Absicherung einfließen lassen, auf die er sich im Krisenfall verlassen kann. Dies beinhaltet folglich nicht die Bonitätsbeurteilung des Gesamtkonzerns, sondern die des Darlehensnehmers. So kann der sogenannte „Konzernrückhalt“ nicht als Rechtfertigung genommen werden, dass auf die Stellung angemessener Sicherheiten verzichtet wird. Schlussfolgernd sind die vereinbarten Zinsen im Streitfall nur dann fremdüblich, wenn sie mit den Zinssätzen für ungesicherte Risikodarlehen vergleichbar sind.

So gilt dies auch, wenn ein Gesellschafter seiner GmbH ein Gesellschafterdarlehen gewährt, dass nicht abgesichert ist. Selbst wenn der Gesellschafter über ein erhebliches Privatvermögen verfügt, ist auf die tatsächliche Vereinbarung von Sicherheiten im Darlehensvertrag abzustellen. Da die höheren Zinseinnahmen für ungesicherte Darlehens regelmäßig mit dem individuellen Steuersatz des Gesellschafters zu besteuern sind, rechnet sich dies allerdings im Regelfall steuerlich nicht.

Wenn Sie Fragen zu dem genannten Thema haben, sprechen Sie uns an. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. (STH/IPO)