Einschränkung der Verlustverrechnung aufgrund einer Anpassung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG

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Seit 2009 unterliegen Kapitalerträge, wie zum Beispiel erhaltene Dividenden, Zinsen oder Kursgewinne, der Abgeltungsteuer von 25%. Die Abgeltungsteuer ist allerdings für bestimmte Kapitalerträge gem. § 32d Abs. 2 EStG ausgeschlossen. Nun führt eine Änderung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG in dem Jahressteuergesetz 2020 zu einer Einschränkung der Verrechnung von Verlusten mit anderen Einkünften.

In der gegenwärtigen Gesetzeslage bestehen die folgenden steuerlichen Besonderheiten hinsichtlich der Besteuerung von Kapitalerträgen gem. § 32d Abs. 2 EStG:

Tarifliche Einkommensteuer

Die Kapitalerträge unterliegen der tariflichen Einkommensteuer, die im Regelfall über die Abgeltungsteuer in Höhe von 25% liegt.

Verlustausgleich

Grundsätzlich dürfen Verluste aus Kapitalerträgen im Sinne von § 32d Abs. 1 EStG gemäß § 20 Abs. 6 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Die Verluste mindern lediglich die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielt.

Für Verluste aus Kapitalerträgen im Sinne von § 32d Abs. 2 EStG gilt diese Regelung nicht. Diese können mit positiven Einkünften wie z.B. Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Gewinneinkünften, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Renteneinkünften verrechnet werden. Gemäß § 32d Abs. 2 S. 2 EStG greift also in solchen Fällen die Verlustausgleichsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG nicht.

Sparer-Pauschbetrag und Werbungskostenabzug

Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags ist gemäß § 20 Abs. 9 EStG in Höhe von EUR 801,00 bei Einzelveranlagung nicht zulässig. Dafür können bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen die tatsächlich angefallenen Werbungskosten abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG), die auch höher als EUR 801,00 sein können.

Die Änderung des §32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG in dem Jahressteuergesetz betrifft die Besteuerung von Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 und des § 20 Abs. 2 Nr. 4 und 7 EStG, wenn sie von einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10% an der Gesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist. Es geht in dieser Regelung also verstärkt um die Besteuerung von Darlehenszinsen und von Gewinnen und Verlusten aus dem Verkauf von Kapitalforderungen.

Beispiel der Behandlung von Zinseinnahmen nach der alten Rechtslage

Frau Schneider ist zu 60% an der Muster-GmbH beteiligt. Sie gewährt der Gesellschaft ein Darlehen zu fremdüblichen Vereinbarungen und erhält Zinsen in Höhe von 7.000,00 EUR pro Jahr. Im Rahmen der Darlehensgewährung sind bei Frau Schneider Aufwendungen in Höhe von insgesamt 10.000,00 EUR angefallen. 

Da es sich bei den Kapitalerträgen um Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner handelt und Frau Schneider zu mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, greift § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG. Die Kapitalerträge unterliegen der Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz. Gleichzeitig ist der Werbungskostenabzug möglich.

Es ergibt sich daher für Frau Schneider ein Verlust in Höhe von EUR 3.000,00 (Zinseinnahmen 7.000,00 EUR – Werbungskosten 10.000,00 EUR). Der Verlust von 3.000,00 EUR darf mit anderen im selben Jahr erzielten positiven Einkünften verrechnet werden.

Gemäß § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b S. 2 EStG gilt diese Sonderregelung übrigens auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine Person ist, die dem Anteilseigner der Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft nahesteht.

Die Änderung der Rechtslage führt nun dazu, dass Verluste eines Gesellschafters mit einer Beteiligung von mindestens 10% im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung nur dann im Rahmen des individuellen Steuersatzes erfasst werden, wenn

  • die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner (= Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft) Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind,
  • die der inländischen Besteuerung unterliegen und
  • § 20 Abs. 9 S. 1 zweiter Halbsatz keine Anwendung findet.Die Abgeltungssteuer greift also, wenn ein Gesellschafter seine Darlehensforderung gegenüber einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft, an der er mit mindestens 10 % beteiligt ist, mit Verlust verkauft und diesem Substanzverlust des Gesellschafters keine Betriebsausgaben aufseiten der Gesellschaft gegenüberstehen, was regelmäßig der Fall sein kann. In unserem obigen Beispiel würde das bedeuten, dass Verluste, die Frau Schneider bei dem Verkauf ihrer Darlehensforderung entstehen würden, der Systematik der Abgeltungsteuer unterliegen würden und nur mit anderen Kapitaleinkünften verrechenbar wären. Diese Neuregelung des Jahressteuergesetzes 2020 in § 32 d Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG gilt für Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2020 erzielt werden, allerdings bei Kapitalerträgen aus Darlehen an eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft, deren rechtliche Grundlage vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde, erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2024 (§ 52 Abs. 33b S. 1 und 2 EStG).

Wenn Sie Fragen zu dem genannten Thema haben, sprechen Sie uns einfach an. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. (LB)