Buchwertübertragungen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG)

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Mit Beschluss 2 BvL 8/13 vom 28. November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Abhilfe hinsichtlich der Ungleichbehandlung von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften geschaffen, soweit eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht zulässig war.

Systematische Einordnung der Vorschrift § 6 Abs. 5 EStG

Grundsätzlich ist für die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen zunächst eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen unter Aufdeckung der stillen Reserven zum Teilwert erforderlich. Unter Beachtung der Tatbestandsvoraussetzungen der gesetzlichen Spezialregelung des § 6 Abs. 5 EStG wird die steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven jedoch vermieden und somit die Erleichterung betrieblicher Umstrukturierungen angestrebt.

  • 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ermöglicht für drei abschließend aufgezählte Fallvarianten eine Übertragung zwischen dem eigenen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen und dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist (vgl. § 6 Absatz 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG), sowie die unentgeltliche Übertragung zwischen den Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft (vgl. § 6 Absatz 5 Satz 3 Nr. 3 EStG).

Obwohl es hiermit zu einer Verlagerung stiller Reserven zwischen zwei verschiedenen Steuersubjekten kommen kann, stellt der Gesetzgeber das Interesse an steuerneutralen betrieblichen Umstrukturierungen über das Subjektsteuerprinzip.

Bislang grundsätzlich keine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften möglich

Die Aufzählung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG sieht jedoch keine Möglichkeit vor, Wirtschaftsgüter zwischen verschiedenen Gesamthandsvermögen von personen- und beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten zu übertragen. Auf Basis des Gesetzeswortlauts hat auch die Finanzverwaltung daran festgehalten, dass in diesen Fällen keine Übertragung zu Buchwerten erfolgen kann. Diese Rechtsauffassung wurde jedoch mit Beschluss IV B 105/09 vom 15. April 2010 durch den Bundesfinanzhof angezweifelt, woraufhin die Finanzverwaltung beim Erlass von Feststellungsbescheiden einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuließ, soweit eine Aufdeckung stiller Reserven aus der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften realisiert wurde. Der erste Senat des Bundesfinanzhofs hat diese Rechtsfrage schließlich aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, vgl. BFH Beschluss v. 10. April 2013, I R 80/12.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. November 2023 (2 BvL 8/13)

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28. November 2023 nun entschieden, dass eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften zwar weder nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG noch nach § 6 Abs. 5 S. 1 EStG erfasst würde und auch eine analoge Anwendung der Vorschriften nicht in Betracht komme. Da es sich jedoch auch in diesen Fällen um Übertragungen von Wirtschaftsgütern im Kreis der Mitunternehmerschaft handelt, sieht das BVerfG in der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG einen sachlich nicht gerechtfertigten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz.

Der Gesetzgeber wird mit diesem Beschluss unverzüglich dazu verpflichtet, rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 eine Neuregelung zu treffen. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung bleibt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift mit Wirkung für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 auch gilt, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Personengesellschaft übertragen wird.

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, sprechen Sie uns gerne an.

Yannick Heske/Sebastian Strube